Schülerin des GAT für drei Monate in Paris

Unsere Schülerin Florentine hat im Schuljahr 2016/17 am Brigitte-Sauzay-Programm teilgenommen und ist mit zahlreichen Erfahrungen zurück an unserer Schule. Im Folgenden berichtet sie über ihre Erlebnisse

 

Im folgenden Text möchte ich das Brigitte-Sauzay-Programm vorstellen und über meine Erfahrungen während meines Austausches berichten.

Ich habe mir eigentlich schon immer gewünscht, während der Schulzeit einen Schüleraustausch zu machen. Also informierte ich mich früh über Möglichkeiten, mit denen ich mir diesen Traum erfüllen könnte. Schließlich stieß ich auf das Deutsch-Französische-Jugendwerk (DFJW). Das ist eine Institution die zur Festigung der Deutsch-Französischen-Freundschaft gegründet wurde.

Auf der Internetseite der Organisation werden zwei verschiedene Programme vorgestellt. Zum einem das "Voltaire-Programm", bei dem man bis zu sechs Monate in Frankreich ist und zum anderen das "Brigitte-Sauzay-Programm", welches nur halb so lang ist. Beide Programme beruhen auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Das heißt, dass z.B. der Gastschüler zuerst für drei Monate nach Deutschland kommt und man danach selbst auch für drei Monate in der französischen Gastfamilie lebt. Daher ist das Austauschprogramm sehr authentisch und an sich kostenlos. Die Fahrtkosten können entweder selbst bezahlt oder auf Antrag vom DFJW übernommen werden.

Jetzt muss man nur noch eine/n Austauschpartner/in finden. Auch das funktioniert gut, denn auf der Internetseite der Organisation gibt es einen "Kleinanzeigen-Bereich". Dort stellen sich französische sowie deutsche Schüler vor. Man kann selbst eine Annonce schreiben oder die Anzeigen der anderen durchlesen, um bei Zustimmung mit einer Antwort E-Mail in Kontakt zu kommen.

Genau so fand ich auch meine Austauschpartnerin Dorine. Ihre Kontaktanzeige war in einem guten Deutsch geschrieben. Sie erzählte viel von ihrer Familie und dem Dorf, das 30 km westlich von Paris liegt. Auf Anhieb fand ich sie sympathisch und beschloss ihr eine E-Mail zu schreiben. Einige Tage später bekam ich eine Antwort und so schrieben wir noch weitere Nachrichten, um uns besser kennenzulernen. Und schließlich telefonierten wir zusammen mit unseren Eltern um alles zu organisieren z.B. um zu besprechen wie und wann Dorine kommen kann. Dazu muss ich anmerken, dass Dorines Mutter perfekt Deutsch spricht und so die Unterhaltung in Deutsch geführt werden konnte, was ein großer Vorteil beim ersten Kennenlernen war. Die folgenden Tage füllte meine Austauschpartnerin das Anmeldeformular für die Schule aus und ich gab es in der Schule ab.

 

Ende April war es dann endlich so weit: Dorine kam mit ihrer Mutter zu uns nach Hause und wir konnten uns endlich richtig kennen lernen. Sie zog bei uns ein und hier wäre zu erwähnen, dass es gut wäre, wenn man dem Gast ein eigenes Zimmer anbieten könnte. Am nächsten Tag zeigten wir den beiden die Umgebung.

Die erste Schulwoche begann, in der Dorine die Schule, meine Freunde und den Ablauf eines Schultages kennenlernte. Relativ schnell fand sie Anschluss im Freundeskreis und auch zu Hause wurde sie schnell ein Mitglied unserer Familie. Wir unternahmen viel und zeigten ihr mit Ausflügen nach Hamburg, Lübeck, Schwerin, Rostock und Berlin ein Stück von Deutschland. Bei schönem Wetter fuhren wir an den Strand und trafen unsere Freunde oder machten Fahrradtouren mit der Familie. Leider verging die Zeit zu schnell und nach 12 Wochen, in denen wir sehr gute Freunde wurden, mussten wir schon "Au revoir" sagen.

Nach den Sommerferien und den ersten Wochen in der Schule begann dann für mich die Zeit, auf die ich so lange gewartet habe. Mitte September ging mein Flug von Hamburg nach Paris. Am Flughafen musste ich auch gleich mein Französisch unter Beweis stellen, um herauszufinden wo die Gepäckausgabe ist. Aber die richtige Frage zu formulieren, war plötzlich nicht mehr so leicht, wie es im Unterricht erschien. Also stand ich stotternd vor dem Servicemitarbeiter und fragte doch lieber auf Englisch nach. Schließlich traf ich dann auf Dorine und ihren Vater, die mich vom Flughafen abholten. Die Aufregung war groß und ich bekam nur ein "Bonjour" und ein "Merci" heraus. Fragen, die mir gestellt wurden, konnte ich weder beantworten noch verstand ich sie gleich. Diese Situation fand ich sehr peinlich und ich wünschte mir, dass mein Französisch in diesem Moment ein bisschen besser wäre. Erst als wir zu Hause ankamen, legte sich meine Nervosität.

Wir kochten zusammen und meine Gastgeber zeigten mir das Haus und mein Zimmer mit Blick auf die Seine. Die nächsten Tage und das folgende Wochenende blieb ich zur Eingewöhnung noch zu Hause. Trotzdem lernte ich schon ein paar Freunde von Dorine kennen. Eine Freundin nahm auch gerade am Brigitte-Sauzay-Programm teil und hatte eine Austauschpartnerin aus Köln zu Gast. Gleich am ersten Wochenende besuchten wir zusammen die "TechnoParade" in Paris und mir wurde die Stadt gezeigt. Das fand ich total cool und hat viel Spaß gemacht. Der erste Schultag war natürlich genau so aufregend.

Die Schule "Notre Dame Les Oiseaux", eine katholische Privatschule, befindet sich in der Kleinstadt Verneuil-sur-Seine. Das Gelände der Schule gehörte früher zu einem Schloss, dass heute als Internat und als Verwaltungsgebäude genutzt wird. Auf dem Schulgelände gibt es neben dem Gymnasium auch noch eine Vor- und Grundschule, die Mittelstufe (Collège) und eine Art Hochschule für Schüler aus der ganzen Welt. Außerdem gibt es noch eine Kapelle, eine Sporthalle, eine Kantine und einen sehr großen Park. Insgesamt gehen etwa 3000 Schüler und Schülerinnen hier in unterschiedlichen Gebäuden zur Schule. Eine Besonderheit sind auch die Einlasskontrollen zum Schulgelände. Dafür besitzt jeder Schüler ein Heft, in dem sämtliche persönliche Daten angegeben sind. Erst wenn man dieses Heft einem Kontrolleur an einem der Eingänge vorzeigt, kommt man morgens herein oder mittags, wenn man in der Stadt essen möchte, heraus. Ohne Heft und ohne Einwilligung der Eltern war ein Verlassen des Schulgeländes nicht möglich. Das fand ich nicht ganz so toll, denn so man konnte nie spontan entscheiden, ob man in der Schulkantine oder in der Stadt essen wollte. Morgens musste man darauf achten durch das richtige Schultor zu gehen, denn für jedes Gebäude gab es einen eigenen Eingang. Am ersten Schultag musste ich mich ganz alleine zurechtfinden, denn Dorine ging in die Première (11. Klasse) und ich in die Seconde (10. Klasse), welche in verschiedenen Gebäuden untergebracht sind. Zum Glück schaffte ich es aber hinein und entdeckte zufällig das Mädchen aus Köln, mit der ich in die selbe Klasse ging. Sie zeigte mir den Klassenraum und stellte mich einigen Mitschülern aus der Klasse vor. Anders als erwartet, war es schwierig mit den Mitschülern ins Gespräch zu kommen. Teils weil ich fast nichts verstand, teils weil sie auch eher desinteressiert schienen, denn sie fragten nicht so viel über Deutschland oder mich. Ich versuchte jedoch immer wieder ein gemeinsames Gesprächsthema zu finden. So ist das Verhältnis zwischen mir und meiner  Klasse leider bis zum Ende meines Aufenthaltes geblieben, was ich sehr frustrierend fand. Natürlich gab es aber auch Mitschüler, die sehr nett und hilfsbereit waren. Als Gastschüler empfand ich es trotzdem am "schwierigsten" Anschluss zu finden.

Dorines Freunde waren da schon aufgeschlossener.  An Wochenenden waren Dorine und ich oft zu Partys eingeladen oder wir gingen mit ein paar Mädchen in Paris shoppen.

Die Ausflüge am Wochenende mit meiner Gastfamilie oder den Freunden waren für mich ein  wichtiger Ausgleich zu den anstrengenden und vor allem langen Schultagen. Ein Tag in der Schule fing immer 8:35 Uhr an und endete nicht vor 16:30 Uhr, mittwochs sogar erst 17:25 Uhr. Dann kam noch eine Stunde Warte- und Fahrtzeit auf den Zug oder den Bus nach Hause. Nach zwei Schulstunden (eine Schulstunde ist 55 min lang) hat man 20 min Pause und von 12:30 Uhr bis 13:45 Uhr ist die große Mittagspause, in der man essen geht. Das zeigt, dass für Franzosen Essen wichtig ist und sie sich dafür auch Zeit nehmen. Ich kann auch ein anderes Klischee bestätigen, nämlich dass die meisten Franzosen nicht so gut in Fremdsprachen sind oder diese nicht gerne sprechen. Das Niveau im Englischunterricht, fand ich ziemlich niedrig.

Insgesamt haben Lehrer an die Schüler sehr hohe Erwartungen und sie geben immer Hausaufgaben auf. Ich finde, dass das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern in Deutschland "freundschaftlicher" und vertrauensvoller ist. In Frankreich ist das Verhältnis sehr vom Respekt von Seiten der Schüler geprägt und es passierte öfter, dass der Lehrer im Unterricht laut wurde und mit Elterngesprächen und Nachsitzen drohte. Diese Unterschiede zwischen einer privaten französischen bzw. einer staatlichen deutschen Schule zu sehen, war sehr interessant und ich bin auf jeden Fall froh, dass wir in Deutschland nicht so lange Unterricht haben wie in Frankreich.

Mit meiner ganzen Gastfamilie habe ich mich von Anfang an, wie zu hause als ein richtiges Mitglied der Familie gefühlt. Außerdem denke ich, dass sie mir einen guten Einblick in die französische Kultur gegeben haben. Z.B. gab es bei uns jeden Abend eine Käseplatte mit Baguette und allgemein habe ich viel von Frankreich kennengelernt. Neben Paris und der Umgebung, fuhren wir in den Herbstferien in die Bretagne und ins Loiretal. Am Anfang fand ich es noch sehr schwierig Französisch zu sprechen oder zu verstehen. Von Vorteil war am Anfang daher, dass die Muttersprache von meiner Gastmutter Deutsch war und sie mir Dinge auch auf Deutsch erklären oder übersetzen konnte. Nach ein paar Wochen konnte ich schon viel freier und schneller reden. Außerdem lernte ich so viele neue Wörter und Ausdrücke. Man kann sagen, dass man wirklich selbst bemerkt, was für Fortschritte man macht.

 

Zusammenfassend kann ich also nur empfehlen, sich für einen Schüleraustausch nach Frankreich zu entscheiden. Man verbessert nicht nur sein Französisch, was vielleicht vorteilhaft für seine (berufliche) Zukunft ist, sondern man lernt auch das Land Frankreich und dessen Kultur besser kennen. Eine Zeit im Ausland zu leben, bereichert die Persönlichkeit, denn man wird offener und auf jeden Fall selbstbewusster. Dazu kommt, dass man gute Freunde findet. Vor allem mit meiner Austauschpartnerin verstehe ich mich sehr gut, denn nach einem halben Jahr, dass man zusammen verbracht hat, hat man viel erlebt und das schweißt zusammen – und das ist der Sinn des Brigitte-Sauzay-Programms – es bringt die Menschen in Frankreich und Deutschland zusammen und schafft somit eine Verbundenheit und Freundschaft für unsere gemeinsame Zukunft.